Presseinformation zum DGAW-Regionaltreffen West am 18.06.2008 in Düsseldorf Die DGAW war bei Ihrem 13. Regionaltreffen West zu Gast bei der Stadtwerke Düsseldorf AG/AWISTA GmbH.
Etwa 20 Teilnehmer hatten diese Gelegenheit genutzt, um über den aktuellen Stand der Vergaberechtsreform informiert zu werden. Zunächst wurde durch Rechtsanwalt Dr. Lück (Köhler & Klett Rechtsanwälte Partnerschaft, Köln) der Referentenentwurf für das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 03.03.2008 analysiert. Die Beschreibung der geänderten Rechtslage war die Voraussetzung für das Verständnis der anschließenden Beiträge und die dazu von den Referenten bezogenen Positionen der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Städte und Gemeinden. Eingegangen wurde hierbei vor allem auf die geänderten Vorgaben zur In-house-Vergabe, die Ausschreibungspflicht von öffentlich-öffentlichen Partnerschaften, die Unwirksamkeit von Direktvergaben, die Zulassung von elektronischen Auktionen sowie die ausführlicher gefasste Verpflichtung zur Rüge. Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft referierte anschließend Frau Dr. Dagmar Thimm(Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. Berlin). Sie erläuterte vor allem die Mittelstandsklausel, wonach eine Pflicht zur Aufteilung in Lose bestehe. Von der gewerblichen Wirtschaft werde die Mittelstandsklausel kritisiert, weil sich die avisierte Regelung negativ hinsichtlich der Komplexität der Auftragsvergabe auswirken könnte.
Weiterhin stellte Frau Dr. Thimm die Einführung vergabefremder Aspekte hinsichtlich sozialer Aspekte in Frage, weil der EuGH in seiner Entscheidung vom 03.04.2008 die Tariftreue durch Landesgesetz für unzulässig erachtet hat. Schließlich wurde von ihr bemängelt, dass die interkommunale Vergabe nach dem Referentenentwurf weitgehend ausschreibungsfrei gestaltet werden kann. Insbesondere fehle es bei dieser Regelung an dem europarechtlich vorgeschriebenen Kontrollkriterium, weil eine „Beherrschung“ des Auftragnehmers durch den Auftraggeber nicht notwendig sei. Zudem sei die Freistellung der interkommunalen Zusammenarbeit vom Vergaberecht europarechtswidrig, entgegen nationaler OLG-Rechtsprechung sowie führe zu einer Beschränkung des Wettbewerbs und Verdrängung gerade kleinerer und mittlerer Unternehmen.
Herr Ulrich Koch (AWA Entsorgung GmbH/MVA Weisweiler GmbH, Eschweiler) stellte schließlich den Standpunkt der Städte und Gemeinden dar. Auch er wies darauf hin, dass die Umsetzung der Mittelstandsklausel und somit der Vorrang der losweisen Vergabe in der Praxis zu Schwierigkeiten führen kann. Die losweise Vergabe z.B. bei der Errichtung einer Müllverbrennungsanlage und somit der Verzicht auf einen Generalübernehmer führt vor allem zu Problemen bei der Haftung sowie Abgrenzung der Gewährleistung. Herr Koch sieht zudem in der Freistellung der interkommunalen Zusammenarbeit vom Vergaberecht die Bestätigung der nationalen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der RegioEntsorgung AöR, wonach die Zweckverbandsgründung ausschreibungsfrei ist. Insofern würde sich ein Grundrecht auf interkommunale Zusammenarbeit verfestigen. Unbeachtlich sei, soweit für die vergaberechtsfreie interkommunale Zusammenarbeit ein regionaler Bezug nicht mehr gefordert werde, zumal eine Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinaus sich aufgrund derzeitiger Gesetzeslage als äußerst schwierig erweist.
In der abschließenden Diskussion konnten die verschiedenen Standpunkte nochmals verdeutlicht werden. Festgestellt wurde von den Beteiligten einvernehmlich, dass der Referentenentwurf zumindest in Teilen nicht europarechtskonform ist. Alternativen zu einer Tariftreueerklärung bestehen mit Ausnahme auftragsbezogener Mindestanforderungen im Grundsatz nicht. Die Verpflichtung zu Losaufteilung ist praxisfern und führt zu erhöhten Kosten bei der Auftragsbeschaffung.